die Historie

1889 -> 1910 -> 1911 -> 1933 -> 1938 -> 1939 -> 1956 -> 1963 -> Heute 

Die Geschichte der Bürger jüdischen Glaubens auf dem Gebiet der heutigen Stadt Herne geht in das Jahr 1748 zurück. Es wird im Eickeler Kirchbuch jenen Jahres die Anfrage einer Frau dokumentiert, ihr Kind protestantisch taufen zu lassen. Leider wurde der Name des Vaters nicht festgehalten, jedoch seine jüdische Religionszugehörigkeit.
Etwa aus gleicher Zeit stammt der Segensspruch an einem Torbalken in Alt-Crange, nahe dem über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Kirmesgelände. In hebräischer Schrift niedergeschrieben steht dort zu lesen: "Gesegnet sei bei Deinem Eingang, gesegnet sei bei Deinem Ausgang" (5. Mose 28,6). Ein Gruß an die jüdischen Händler die schon damals an dem die Kirmes begründenden Pferdemarkt teilnahmen.
Vereinzelt namentlich genannte jüdische Bürger lassen sich etwa zu Beginn des 19. Jhd. nachweisen, von der Bildung kleiner Gemeinden kann dann ab etwa 1850 gesprochen werden.

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1889

Bis zum Jahre 1889 gehörte der jüdisch gläubige Teil der Herner Bevölkerung der Synagogengemeinde im benachbarten Bochum an, doch ließ die große räumliche Distanz schon bald den Wunsch nach einem eigenen Betsaal aufkommen. Zu diesem Zweck wurde zunächst an der Von-der-Heydt-Straße Nummer 3 eine Wohnung angemietet, die als, recht kurze, Übergangslösung diente, ehe am 12. Juli des gleichen Jahres im neuen Schulgebäude an der Schulstraße 4  ein größerer Raum bezogen werden konnte.
Das zu diesem Anlass eigens ein Regierungsvertreter aus Arnsberg anreiste, zeugt von der Stellung die das Judentum als Religion neben den christlichen Kirchen zu diesem Zeitpunkt eingenommen hatte. Und das noch bevor aus der kleinen Landgemeinde am 1. April des Jahres 1897 die Stadt Herne geworden war.

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1910



Zeitungsbericht zur Grundsteinlegung
(Abbildung: Stadtarchiv Herne)

Die mittlerweile eigenständige jüdische Kultusgemeinde der seit 1906 kreisfreien Stadt Herne wuchs nicht nur an Mitgliedern, auch das Selbstbewusstsein, als eigenständige Konfession neben den großen christlichen Kirchen in der Öffentlichkeit aufzutreten, nahm stetig zu. So reifte denn auch die Absicht den Platzbe- dürfnissen der Gemeinde mit dem Bau einer repräsentativen Syna- goge Rechnung zu tragen.
Am 5. April 1910 wird der Bauer- laubnisschein zur Errichtung eines Sakralgebäudes an der Hohen- zollernstraße 32 ausgestellt.

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1911



Postkartenansicht nach 1911
(Privatarchiv Militzer)

Nach den Entwürfen des Bochumer Architekten H. Robert wird schließ- lich ein an großstädtische Vorbilder angelehntes Synagogengebäude erstellt. Bereits vom 16. bis 18. Juni 1911 können die Einweihungs- feierlichkeiten unter dem Vorsitz- enden der Gemeinde, dem Kauf- mann Moritz Gans, begangen werden. Das dies nicht nur ein Fest für die jüdischen Bürger war, lässt die Gästeliste des Gala-Diners im Hotel Schlenkhoff erahnen.
Dank der hervorragenden Akkustik wurden in der Herner Synagoge bis etwa 1933 auch weltliche Konzert veranstaltet.

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1933



Nord-West-Ansicht etwa Mitte der 30er Jahre
(Photo: Stadtarchiv Herne)

Bereits nach dem 1. Weltkrieg, an dem nicht zuletzt auch viele Deutsche jüdischen Glaubens als Soldaten beteiligt waren, konnte ein Anwachsen antisemitischer Tendenzen nicht nur in Herne festgestellt werden.
Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 ist dann gewissermaßen der Grundstein für die systematische Entrechtung, Verfolgung und schließlich Ermordung der jüdi- schen Mitbürger gelegt worden. Der Rassenwahn avancierte zur Staatsdoktrin.

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1938



Nord-West-Ansicht am
10. November 1938
(Photo: Stadtarchiv Herne)

Vom 9. auf den 10. November 1938 wird die Herner Synagoge, wie die meisten anderen auf deut- schem Gebiet, zerstört. Unbemerkt gelingt es noch in der Nacht dem Gemeindemitglied Moritz Feuerstein in die brennende Synagoge zu gelangen und die Thora-Rolle zu retten (diese wird heute in Israel aufbewahrt).
Bereits am 10./11. November wird  direkt aus Berlin die Anordnung erteilt, die Reste des Gebäudes abzutragen.
Am 18. November wird mit den Abbrucharbeiten begonnen.

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1939



Nord-West-Ansicht ca. 1939
(Photo: Stadtarchiv Herne)

Obwohl bereits 1938, aus Sicher- heitsgründen, die dem Feuer trotzenden Giebel eingerissen worden waren, stand die Ruine der Synagoge noch bis in das folgende Jahr. Das Vorhaben der Stadt, die nicht unerheblichen Kosten für den Abbruch nötigenfalls auf dem "Zwangswege" von der jüdischen Gemeinde einzutreiben, stieß auf verständlichen Widerstand.
Im Juni verletzen sich Kinder beim Spielen auf dem Ruinengelände, worauf dieses endgültig geräumt und vier Monate später von der Stadt an die Hibernia Bergwerks AG für 4.803,70 RM verkauft wird.

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1956

Da durch den Naziterror die Gemeinden zerschlagen, die Menschen verschleppt und größtenteils ermordet, somit das jüdische Leben faktisch nicht mehr existierte, war es nach Ende der Schreckens- herrschaft nicht ganz einfach, Immobilien und sonstigen Besitz an die rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben. Es wurde mit dem Jewish Trust eine Vereinigung geschaffen, die ehemals jüdisches Eigentum verwaltete bzw. auch vermarktete und mit den Erlösen zum Aufbau des Staates Israel beitrug.
Das Gelände der ehemaligen Herner Synagoge wird im Jahre 1956 vom Jewish Trust - Corporation for Germany, dem nach 1945 die Besitz- rechte übertragen worden waren, an die Allgemeine Ortskrankenkasse (kurz AOK) verkauft.

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1963



Gedenkstein auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge
(Photo: Stadtarchiv Herne)

Bereits im September 1949 wurde am Neumarkt, unweit der ehema- ligen Synagoge, eine Gedenktafel für die verfolgten und ermordeten Bürger jüdischen Glaubens ange- bracht. 10 Jahre später, im Zuge der Umgestaltung des Standortes, wurde dieses Mahnmal auf Wunsch der jüdischen Gemeinde auf den Friedhof am Hoverskamp gebracht, wo es auch heute noch steht.
An den ehemaligen Standort der Synagoge erinnert seit 1963 ein, mit einer metallenen Gedenktafel versehener, massiver Bruchstein.

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Heute



Grundstück mit heutiger Bebauung
(Photo: August 2003 / Militzer)

Heute ist das Grundstück, auf dem die Synagoge bis zu ihrem gewalt- samen Ende das Stadtbild bereich- erte, Bestandteil des Areals der Verwaltung der Allgemeinen-Orts- Krankenkasse Westfalen-Lippe an der Hermann-Löns-Straße 54, im Kreuzungsbereich mit der Schäferstraße.
Auf nebenstehender Nord-West-Ansicht macht das ehemalige Synagogengelände in etwa den Bereich des vorgelagerten, flacheren Gebäudeteiles aus.

 

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